Der Papierkrieg ist zu Ende. Definitiv.

Es ist ruhig geworden im Briefkasten. Früher war er vor allem zum Wochenende regelmäßig mit Werbung zugemüllt. Doch die Papierflut hat nachgelassen. Spürbar. Mit Print erreicht man eben heute nur noch die Zielgruppe der über 60-Jährigen. Aber auch die wischen mittlerweile ständig mit dem Finger übers Handy-Display.

 

Die großen Versandhauskataloge gibt es schon seit Jahren nicht mehr. Von den ganz Großen der Branche ist eigentlich nur noch Otto übriggeblieben und auch dessen Geschäft scheint nur noch im Stillen stattzufinden. Wer heute etwas kaufen will, geht eben zuerst mal zu Google, loggt sich bei Amazon ein oder kennt bestimmte Shopping-Portale, die er immer wieder mal aufsucht. Werbung auf bunt bedruckten Zetteln will eigentlich niemand mehr. Bei uns steht dafür extra ein Papierkorb direkt unter dem Briefkasten. Ein Blick. Werbung? Weg damit.

Früher war mein Briefkasten zum Wochenende prallvoll mit Werbung. Wer zu spät kam, hat es schon gar nicht mehr geschafft, sein Papier da unterzubringen. Heute greife ich meist ins Leere und finde bestenfalls noch einen dieser Briefe vom Finanzamt auf grauem Umweltpapier. Mit Behörden kann man zwar heute durchaus per eMail kommunizieren, aber am Ende kommt die Antwort immer in Papierform. Hier in Lübeck hat die Lokalzeitung einen Zustelldienst gegründet, der praktisch ausschließlich von Behördenpost lebt.

Mehr als 28 Milliarden Werbeprospekte landen alljährlich in deutschen Briefkästen. Dafür werden Bäume gefällt und es wird mit tonnenschweren Maschinen Papier hergestellt und anschließend bedruckt. Dafür fahren auch ganze Kolonnen an Lastzügen durchs Land, und Tausende von schlecht bezahlten Menschen tippeln von Tür zu Tür, um die Druckwerke bis in den letzten Briefkasten zu verteilen.

Und am Ende war der größte Teil der Mühe umsonst und die Werbung landet ungesehen im Papierkorb.

Das ist natürlich eine gigantische Umweltbelastung. Aber von CO2 und Klima soll an anderer Stelle die Rede sein.

IFH Media Analytica behauptet, 90 Prozent aller Deutschen würden zumindest gelegentlich gedruckte Prospekte bewusst wahrnehmen. Das verräterische Wort heißt hier allerdings „gelegentlich“. Natürlich wirft man hin und wieder auch mal einen Blick auf den einen oder anderen Prospekt, aber richtig „lesen“ tun doch solche Werbung höchstens Leute, die sonst nichts zum Lesen haben. Der Streuverlust dürfte demnach erheblich sein und über zielgruppengerechte Werbung muss man gar nicht erst reden.

OBI hat die Papierflut schon länger eingestellt. Aldi, Lidl, Netto & Co. finden sich zwar nach wie vor in meinem Briefkasten ein. Aber da ich noch nie zu den Leuten gezählt habe, die jede Woche mehrere Läden anfahren, nur um hier und da ein paar Cents zu sparen, gehöre ich wohl nicht zur Zielgruppe. Meine Zeit ist mir mehr wert und meine Tankfüllung dafür zu schade.

Doch auch die großen Discounter werden umdenken. REWE hat jetzt schon damit begonnen und wird ab Mitte 2023 keine Werbeprospekte mehr verteilen. Dafür begegnet mir der Name in letzter Zeit häufiger in den sozialen Medien. Die anderen werden sicher folgen. Schließlich kommunizieren wir mittlerweile fast alle digital und ein Unternehmen, das mit seinen Kunden kommunizieren will, kann das einfach nicht ignorieren.