Medienkonsum: Was hat Corona verändert?
Corona hat das Kommunikationsverhalten der Menschen verändert und es sieht ganz so aus, dass das nicht nur eine vorübergehende Erscheinung sein wird. Das zeigt zumindest eine Studie, die die Mediennutzung während es ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 mit der darauf folgenden Lockerung im Sommer 2020 vergleicht.
Deloitte hat 2.000 Konsumenten in Deutschland zu ihrer Mediennutzung befragt. Die erste Befragung fand im Februar, die zweite im März und die dritte dann im Juni 2020 statt. Dabei wurde nicht nur deutlich, wie die Pandemie das Verhalten der Menschen verändert hat, sondern auch ob dieses Verhalten nach Ende des harten Lockdowns wieder in den vorherigen Zustand zurückgefallen ist.
Die interessante Erkenntnis: Der Lockdown hat die Nutzung der unterschiedlichen Medien nicht nur generell nach oben geschoben. Rund ein Drittel der Veränderungen blieben auch nach Ende des Lockdowns erhalten. Das lässt entscheidende Rückschlüsse zu, vor allem bei den unterschiedlichen Medien durchaus Unterschiede festgestellt wurden, wie nachhaltig die Veränderung ausgefallen ist.
So haben zwar während des Lockdowns deutlich mehr Menschen das klassische Fernsehen genutzt, um sich zu informieren und die Zeit zu vertreiben. Doch sobald sich das Leben wieder einigermaßen normalisierte, fiel auf der Fernsehkonsum wieder auf das Maß vor der Krise zurück. Beim Radio liegt die Nutzung sogar leicht niedriger als während der Beschränkungen.
Auch bei den Zeitungen hat sich das Nutzerverhalten nicht erkennbar verändert. Ganz gleich, ob in gedruckter oder elektronischer Form haben sich anhaltende positive Effekte ergeben. Allerdings hat sich wohl die Abneigung gegen News hinter einer Bezahlschranke leicht abgeschwächt. Digitale News-Angebote erfreuen sich seither einer leicht höheren Nutzung.
Gedruckte Bücher zählten ebenfalls zu den Gewinnern der Krise. Wer über Ostern zu Hause bleiben musste oder auf seinen Urlaub verzichtet hat, der hat wohl die frei werdende Zeit dafür genutzt, um mal wieder ein Buch zu lesen oder einfach mehr zu lesen, als zuvor. Ganz besonders hat sich das aber auf die eBooks ausgewirkt. Die zeitweise geschlossenen Buchläden haben offensichtlich so manchen dazu veranlasst, sein Lesematerial nicht nur online zu beschaffen, sondern gleich zur sofort verfügbaren elektronischen Variante zu greifen. Dieser Trend ist erhalten geblieben. Was ja auch irgendwie logisch ist. Wer sich einmal daran gewöhnt hat, ein Buch auf dem Tablet oder dem eBook-Reader zu lesen, hat eben auch die damit verbundenen Vorteile erkannt und wird kaum noch zum klassischen Buch zurückkehren.
Noch deutlicher ist die Veränderung bei den Streaming-Diensten. Ganz gleich, ob es sich um Musik-Streaming handelt oder um Subscription-based Video-on-Demand, Corona hat die Nachfrage spürbar nach oben getrieben und dieses Niveau ist auch weitgehend erhalten geblieben.
Veränderte Lebensweisen bringen eben auch Veränderungen in den Gewohnheiten mit sich. Wer in seiner Freizeitgestaltung eingeschränkt ist, greift eben auf die überall und jederzeit verfügbaren digitalen Angebote zurück, um die Lücke zu füllen. Wer mehr Zeit zum Lesen hat, kauft eben vermehrt auf Zeitungen, Zeitschriften und Bücher zurück, gibt das Verhalten aber sofort wieder auf, wenn sich die Situation wieder normalisiert hat. So manch einer hat jedoch in der vielen Freizeit auch neue Möglichkeiten entdeckt und ist dabei unbewusst einen Schritt weiter von der analogen in die digitale Welt gegangen.
Dieser Artikel wurde im Januar 2021 geschrieben - also mitten im zweiten Lockdown, dessen Dauer momentan niemand abschätzen kann. Wovon aber zumindest ich ausgehe, ist eine weitere Verschiebung zu einem digital geprägten Lebensstil. Genauso, wie das omnipräsente Smartphone die gute alte Ferienpostkarte abgelöst hat und heute kaum noch jemand CDs und DVDs kauft, werden sich auch alle anderen Medien über kurz oder lang von irgendwelchen physischen Datenträgern lösen und nur noch in Form von Streams oder Dateien ins Haus kommen: Musik, Bilder und Filme genauso, wie Zeitungen Zeitschriften und Bücher.
Wer genau hinsieht, kann das auch daran erkennen, wie Menschen heute wohnen. Die etwas Älteren haben in ihrem Leben unzählige Bücher, Schallplatten, CDs, Cassetten und DVDs angesammelt, die sich heute in raumhohen Regalwänden stapeln. Die jüngere Generation braucht eigentlich nicht viel mehr als einen Monitor, ein Notebook oder ein Tablet für die Wiedergabe und eine Festplatte für die Speicherung der unterschiedlichen Medien.
Mein Wohnzimmer wurde früher von hunderten von Büchern, aufgestapelter Unterhaltungselektronik, mächtigen Lautsprecherboxen und einem klobigen Fernseher bestimmt. Nach drei Umzügen ist davon nicht mehr viel übrig geblieben. Der Fernseher ist natürlich einem Flachbildschirm gewichten, der nach wie vor das Fernsehprogramm wiedergibt. All die andere sichtbare Technik ist jedoch verschwunden. Es gibt einen winzigen PD-Würfel, der mit Linux läuft und als Medienserver dient. Und es gibt ein NAS-Laufwerk mit vier RAID-Festplatten, auf denen alles liegt, was ich vielleicht irgendwann mal wieder hören und sehen möchte. Das raumhohe Regal ist heute nur noch halb so hoch und die Lautsprecher tun dezent versteckt ihren Dienst, ohne dass sie den Raum beherrschen.
Ich bin zwar per Definition kein Digital Native. Aber die Wandlung vom Homo Analogus zum Homo Digitalis scheint doch irgendwann passiert zu sein.